Interview mit Petra Schier zu dem Buch „Die Rache des Lombarden“

Liebe Petra,
ich freue mich, dass Dein Buch „Die Rache des Lombarden“ für den HOMER Literaturpreis nominiert wurde und es auf die Shortlist geschafft hat.

Petra Schier während einer Lesung in Bad 
Kreuznach. Die Kleidung entspricht der 
historischen Zeit ihrer Bücher.

Gerne möchte ich etwas mehr über das Buch erfahren und dazu nun einige Fragen stellen.

Für historische Bücher ist eine umfassende Recherche erforderlich, Du hast inzwischen schon viele Bücher geschrieben, die im Mittelalter angesiedelt wurden. Wie umfangreich ist Deine Wissensbank, ist die Anzahl der Nachschlagwerke?

Meine Wissensbank ist immens. Allein zweieinhalb Regale an Nachschlagewerken aller Art in meinem Büro plus unzählige Dokumente auf dem PC und eine ellenlange Linksammlung in meinem Browser. Gezählt habe ich nicht, aber das wäre wohl auch müßig, weil immer wieder neue Bücher, Dokumente und Links hinzukommen.

Ich mag es nach wie vor, in echten, handfesten Büchern zu recherchieren, und natürlich leihe ich mir auch immer wieder viele Titel aus Bibliotheken, die müssten zu der Rechnung auch noch hinzugefügt werden, und dann wären es alles in allem wohl schon mehrere hundert Titel.

Wie lange schreibst Du an solch einem historischen Buch?

Die reine Schreibzeit bewegt sich je nach Umfang zwischen acht und zwölf Wochen. Die Recherche ist dabei nur teilweise eingerechnet. Da ich immer auch nebenher recherchiere, kann man sie nicht wirklich auf die Arbeitszeit draufaddieren. Es kommt auch darauf an, in welcher Epoche mein Roman spielt. Für das späte Mittelalter muss ich nach so vielen Jahren und Büchern deutlich weniger und meist nur noch Details recherchieren. Bei anderen Epochen, in denen ich nicht so zu Hause bin, ist es entsprechend mehr und dauert dann auch länger.


Wie bist Du auf die Idee gekommen, eine Lombarden-Trilogie zu schreiben?

Das hat sich aus meinem historischen Roman „Vergeltung im Münzhaus“ ergeben. Noch während ich daran schrieb, kam mir die Idee, eine neue Romanreihe im Milieu der Münzwechsler und Geldverleiher anzusiedeln. Die Figuren haben sich dann praktisch von selbst vor meinem inneren Auge eingestellt und entwickelt.

Stand von Beginn an fest, wie sich alles entwickeln würde?

Ja, die grundsätzliche Entwicklung über alle drei Bände der Trilogie hinweg stand von Anfang an fest, denn ich habe das Ganze ja dem Verlag als Trilogie angeboten und musste entsprechend auch schon die Handlung im Exposé umreißen. Allerdings sind beim Schreiben jede Menge Nebenhandlungen hinzugekommen und auch die Entwicklung des Plots und der Figuren hat nicht wenige Umwege genommen, von denen ich beim Erstellen des Exposés noch keine Ahnung hatte.

Hätte es noch mehr Folgen geben können, waren noch mehr Ideen vorhanden?

Ursprünglich wollte ich einen Vierteiler daraus machen, doch leider war die Lektorin bei Rowohlt der Ansicht, dass die Geschichte nach Band drei auserzählt sei bzw. so angelegt werden könne, dass sie nach Band drei abgeschlossen ist. Dem musste ich mich beugen, aber ich glaube nicht, dass es der Geschichte geschadet hat. Wenn man so etwas von Anfang an weiß, kann man sich darauf einstellen, sodass die Leserinnen und Leser gar nichts bemerken und am Ende der Trilogie vollkommen zufrieden sind. Schlimmer ist es, wenn man einen Fortsetzungsband plant und diesen womöglich auch schon im Vorgänger mit einem Cliffhanger andeutet, und dann vom Verlag die Nachricht erhält, dass die Reihe eingestellt wird. Das trifft dann auch die Leserinnen und Leser hart, deshalb versuche ich so etwas möglichst immer vorab schon zu klären und entsprechende Verträge aufsetzen zu lassen.

Wie ist das eigentlich, Deine Personen leben, sprechen und kleiden sich ja ganz anders als wir. Tauchst Du so richtig in die Zeit ein? Kann es passieren, dass Du bestimmte alte Redewendungen benutzt, wenn Du Dich mit jemandem unserer Zeit unterhältst? Besonders dann, wenn Du gerade mitten in der Schreibphase bist?

Früher ist mir das hin und wieder passiert, auch beim Schreiben, wenn ich in einem anderen Genre unterwegs war. Inzwischen ist es aber so zur Gewohnheit geworden, zwischen den Zeiten und Genres oder auch der Realität hin und her zu switchen, dass mir solche „Versprecher“ fast gar nicht mehr passieren und wenn, dann meist mit voller Absicht. Ich tauche schon sehr tief in die jeweilige Geschichte ein, kann aber danach auch problemlos wieder umschalten.

Entwickeln sich Deine Figuren schon mal anders, als Du es geplant hast?

Das tun sie ständig. Manchmal komplett, oft aber auch in Details. Ich lasse meinen Figuren bewusst die lange Leine und schreibe mehr oder weniger einfach mit, was sie alles anstellen. Meiner Erfahrung nach wissen sie es in neun von zehn Fällen besser als die Autorin, selbst wenn ich mich manchmal äußerst wundere und mich auch schon mal frage, wohin dieses oder jenes wohl führen soll. Bisher hat sich aber immer am Ende alles so entwickelt, wie es für den Roman perfekt war.

Es gibt Figuren, die immer wieder irgendwo auftauchen, mit denen ich, wo möglich, auch über verschiedene Reihen hinweg arbeite. In der Regel sind das die Figuren mit dem größten Potenzial und ja, man kann sie dann vielleicht auch Lieblingsfiguren nennen. Adelina ist so eine Figur, aber auch einige Figuren in ihrem Kosmos, die auch manchmal außerhalb der sechsbändigen Adelina-Reihe einen Gastauftritt in meinen Romanen haben.

Grundsätzlich kann man meinen Romanen wohl anmerken, dass es mir die starken Frauengestalten sehr angetan haben. Sie gibt es in den verschiedensten „Farben und Ausführungen“ in meinen historischen Romanen, alles natürlich historisch fundiert recherchiert.


Wie schwer fällt Dir der Abschied, wenn Du den letzten Satz geschrieben hast?

Das kommt darauf an, ob es eine Fortsetzung geben wird oder die Möglichkeit, einzelne Figuren auch in anderen Romanen noch mal auftreten zu lassen. Manchmal ist es schon ein bisschen schwer, sich zu trennen, aber andererseits leben all meine Romanfiguren in mir. Sie sind praktisch ständig bei mir, und wenn ich Lust habe, kann ich sie in meiner Fantasie jederzeit besuchen und schauen, wie es ihnen gerade geht.

Petra Schier trägt während einer Lesung ein Pilgerkostüm

Gibt es weitere Pläne für historische Bücher?

Auf jeden Fall! Im Augenblick arbeite ich noch an meiner Pilger-Trilogie, von der der erste Band bereits 2021 erschienen ist und der zweite im August 2022 kommt, Band drei dann entsprechend 2023. Aber auch danach gehen mir die Ideen nicht aus. Ich stehe schon in Gesprächen mit HarperCollins über weitere Romane oder ggf. auch Reihen. Allerdings darf ich darüber momentan noch nicht viel verraten.

Wer sich dafür interessiert, was ich schon alles geschrieben habe oder auch, was zukünftig noch kommen wird, kann sich jederzeit auf meiner Webseite www.petra-schier.de informieren. Zu jedem meiner Bücher (nicht nur den historischen) gibt es dort eine Detailseite mit Leseprobe, weiteren Infos, manchmal auch Lesungsvideos und vielem mehr. Auch in meinem der Webseite angeschlossenen Blog finden sich viele Hintergründe und Ausblicke. Und wer gerne nichts verpassen möchte, kann meinen kostenlosen Newsletter abonnieren (www.petra-schier.de/newsletter) und hat bei der Gelegenheit noch jeden Monat die Chance, ein signiertes Buch von mir zu gewinnen.


Du schreibst ja auch Bücher, die in der Gegenwart angesiedelt sind, fällt Dir der Wechsel schwer?

Inzwischen nicht mehr. Ich schreibe hauptberuflich seit 2004/05, da gewinnt man mit der Zeit eine gute Routine und lernt, nach Genre umzuschalten. Ich finde es sehr angenehm, immer mal wieder die Zeit bzw. das Genre zu wechseln, denn es hält mich flexibel und gibt mir die Möglichkeit, auf vielen verschiedenen Ebenen kreativ zu sein.


Zum Schluss möchte ich noch wissen, ob Du uns zu dem Buch noch etwas interessantes erzählen möchtest. Gab es eine besondere Begebenheit, gab es eine Wendung, die passierte, Du aber nicht zu lassen wolltest?

Da meine Figuren ständig Dinge tun, die mich überraschen, könnte ich wohl allein darüber einen eigenen Erlebnisbericht schreiben … Speziell bei diesem Roman gab es jetzt keine weltbewegenden Ereignisse, die meinen Plot umgewälzt hätten. Dafür habe ich am Ende eine (winzige) Information den Leserinnen und Lesern ganz bewusst vorenthalten. Aus meiner Sicht ist die Romanhandlung deshalb trotzdem vollkommen rund und zufriedenstellend auserzählt. Ich habe aber tatsächlich viele Zuschriften erhalten (und kriege sie immer noch hin und wieder), in denen mich Leserinnen oder Leser inständig bitten, dieses Rätsel zu lösen. Das werde ich nicht tun, weil ich der Ansicht bin, dass gerade dieses kleine, aber feine Geheimnis einen gewissen Zauber entfaltet und für die Figuren keine negativen Auswirkungen hat. Allerdings ist mir im Zusammenhang mit diesem Rätsel dann die Idee für einen weiteren historischen Roman gekommen. Ich weiß aber noch nicht, ob der Verlag von dieser Story ebenso begeistert sein wird, wie ich es bin. Das bleibt noch abzuwarten.


Ich bedanke mich, dass Du Dich meinen Fragen gestellt hast, und ich drücke Dir und Deinem Buch ganz fest die Daumen.

Vielen Dank dafür und für die Gelegenheit, diese Interviewfragen zu beantworten!

Das Buch ist das dritte in der Lombardentrilogie und deshalb zeige ich an dieser Stelle gerne noch einmal die Cover aller drei Bücher.

Damit Ihr schon mal informiert seid, hier führe ich die Stationen auf, wo weitere Interviews gelesen werden können.

und hier die Termine für die Lesungen:

Petra Schier: https://youtu.be/AXTgJzRDiyA

Mac P. Lorne: https://youtu.be/44oLsScAFWQ

Johanna von Wild: https://youtu.be/k4LjD8k7OgU

Silke Böschen: https://youtu.be/6WD4-0vko-Q

René Anour: https://youtu.be/EYlRJr3OpbE

René Anour: https://youtu.be/r6KUcsablsI

Birgit Hermann: https://youtu.be/AOgqRYxMcig

Marco Hasenkopf: https://youtu.be/GmJMGhliLZA

Maria W. Peter: https://youtu.be/if7ftaIGJTo

Juliane Stadler: https://youtu.be/jsex4AXWCB8

Ulf Schiewe: https://youtu.be/rEtSgDXgDCE

Ana Pawlik: https://youtu.be/4S3M1wZKDDc

Ein Gedanke zu „Interview mit Petra Schier zu dem Buch „Die Rache des Lombarden“

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